Blutegeltherapie

    Die Blutegeltherapie gehört zu den sogenannten ausleitenden Heilverfahren zur Beseitigung von lokalen Fülle-, Stauungs- und Schmerzzuständen. Dies wird mit Hilfe von an der Hautoberfläche angesetzten Blutegeln (Hirudo medicinalis officinalis) erreicht. Zusätzlich werden durch die Injektion von Blutegelwirkstoffen auch spezielle antiphlogistische
    (entzündungshemmende) und analgetische (schmerzlindernde), sowie das Milieu der bindegewebigen Grundsubstanz verbessernde Effekte erzielt.

    Geschichte der Blutegeltherapie

    Blutegel (Hirudo medicinalis officinalis) werden schon seit Jahrtausenden zu medizinischen Zwecken verwendet. Heute gewinnt die Methode nicht zuletzt durch neuere
    Forschungsarbeiten an Bedeutung. Die heute verwendeten Blutegel sind medizinische Produkte. Sie werden in Blutegelfarmen kultiviert (www.blutegel.de) und nur einmal
    verwendet.

    Bei der Blutegeltherapie handelt es sich um ein spezielles Ausleitungsverfahren. Was die Blutegeltherapie von allen anderen Ausleitungsverfahren unterscheidet, ist die einzigartige
    Wirkung des Speichelsekrets der Blutegel, welches beim Saugen in das Blut der Patientinnen und Patienten abgegeben wird. Darin entdeckten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über 20 verschiedene Inhaltsstoffe. Insbesondere die Substanzen Eglin und Hirudin erwiesen sich als besonders wirksam. Der Wirkstoff Eglin blockiert entzündungsauslösende Enzyme und wirkt dadurch Entzündungsprozessen entgegen. Zudem hat Eglin eine schmerzlindernde Wirkung. Der Wirkstoff Hirudin hemmt die Blutgerinnung, wirkt Gefäß-krampflösend und stärkt das
    körpereigene Immunsystem, indem es die Bildung von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) fördert. Darüber hinaus beschleunigt Hirudin den Lymphfluss und der Körper kann die in der Lymphe enthaltenen Schadstoffe im Zuge des Ausleitungsverfahrens schneller ausscheiden.

    Bei welchen Erkrankungen ist eine Blutegeltherapie sinnvoll?

    Hauptindikationen:

    • Erkrankungen des Bewegungsapparates:
      – schmerzhafte Gelenkarthrosen, v.a. Kniegelenksarthrosen, Sprunggelenksarthrosen
    • Rheumatische Erkrankungen
    • Venöse Erkrankungen:
      – akute Thrombophlebitis, variköser Symptomenkomplex, post-thrombotisches
      Syndrom (mit begleitenden Stauungsschmerzen)

    Sonstige Indikationen:

    Herpes Zoster (Gürtelrose), akute und chronische Otitis media (Mittelohrentzündung), arterielle Hypertonie bei erhöhtem Hämatokrit, Hämorrhoidal-Syndrom und (Peri-)
    Analthrombose, akuter Gichtanfall, akute und chronische Osteomyelitis, Hämochromatose (als Aderlass), Wundheilungsstörungen durch postoperativen Lymph- und venösen Rückstau
    in der Traumatologie (z.B. Handchirurgie) und plastischen Chirurgie.

    Wann darf eine Blutegeltherapie nicht durchgeführt werden (Kontraindikationen)?

    • Hämorrhagische Diathesen bzw. Hämophilie („Bluterkrankheit“), sowie Blutgerinnungsstörungen durch Medikamente (z.B. Marcumar®, Falithrom®, Comadin®) oder verminderten Blutplättchen (Thrombozytopenie) u.a.
    • Hauterkrankungen an der Applikationsstelle
    • Akute Magen- oder Darmgeschwüre
    • Deutliche Blutarmut (Anämie, Hb unter 10 g/dl)
    • Erheblicher Immunschwäche (AIDS, Chemotherapie, etc.)
    • Schwere chronische Erkrankungen (Krebserkrankungen im fort-geschrittenen Stadium, langjährige Dialyse bei Nierenerkrankungen, etc.)
    • Fortgeschrittene periphere Gefäßerkrankungen (pAVK ab Stadium III)
    • Ausgeprägten Wundheilungsstörungen (z.B. bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus, erheblichem Übergewicht, etc.)
    • Bekannte Allergien gegen Blutegel-Inhaltsstoffe (Hirudin, Histamin, etc.)

    Relative Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen:

    • Bei Neigung zu überschießender Narbenbildung (Keloidbildung) keine Anwendung an gut sichtbaren Körperstellen
    • Aspirin® sollte 3-5 Tage vor einer Behandlung nach Rücksprache mit dem Arzt nicht eingenommen werden

    Ist die Blutegeltherapie schmerzhaft, gibt es Nebenwirkungen?

    Der Biss eines Blutegels ist nicht sonderlich schmerzhaft. Allenfalls werden die Bisse wie „Brennnesselstiche“, Insektenstiche, leichtes Ziehen oder als „Spritzeneinstich“ beschrieben.
    Das ist auch logisch, denn der kleine Sauger hat in der freien Natur wenig Interesse daran, bemerkt und abgeschüttelt zu werden. Der Blutegelspeichel enthält einen einzigartigen Wirkstoffcocktail aus ca. 30 verschiedenen Substanzen (u.a. Hirudin, Calin, Hyaluronidase, Eglin, Bdellin, Apyrase, Kollagenase, Destabilase, Hämentin, Orgelase) von denen allein eine histaminähnliche Substanz im weiteren Verlauf zu einem leichten „Heiljucken“ wie bei einem „Mückenstich“ führen kann.

    Mögliche seltene Nebenwirkungen oder Komplikationen

    • Ausgeprägte Blutung (verlängerte und starke Nachblutung)
    • Juckende Hautrötung um die Bissstellen (allergisch oder allergie-ähnlich)
    • Wundinfektion (z.B. Erysipel)
    • Vorübergehender Gelenkerguss, lokale Schwellung, oder regionale Lymphknotenschwellung.
    • Pigmentstörungen, Vernarbungen an der Bissstelle, kleine Papel an der Bissstelle

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