Das Lungenkarzinom, bzw. Lungenkrebs, ist weltweit und auch in Deutschland die häufigste zum Tode führende Krebserkrankung des Mannes. Bei der Frau steht Lungenkrebs nach Brustkrebs und Dickdarmkrebs an dritter Stelle der häufigsten bösartigen Erkrankungen. Das Lungenkarzinom ist der Endpunkt einer sich über den Verlauf von Jahren bis Jahrzehnten erstreckenden Folge von Zellschädigungen durch sogenannte Karzinogene (krebserzeugende Substanzen). So kann es beispielsweise zu einer Änderung des Zelltyps der Zellen der Bronchialschleimhaut kommen (Metaplasie) oder die vorhandenen Zellen können durch andauernde Schädigungen mikroskopische Veränderungen (Dysplasien) aufweisen. Diese Dysplasien können an Zahl und Schwere zunehmen und letztlich zu einem Übergang in ein zunächst auf die Bronchialschleimhaut begrenztes Karzinom führen (sog. Carcinoma in situ), aus dem sich im weiteren Verlauf ein über die Schleimhautgrenze hinaus- und in die Lunge einwachsender Tumor entwickelt.

Risikofaktoren

Die Hauptursache für das Lungenkarzinom ist das inhalative Zigarettenrauchen, ca. 85 Prozent der Lungenkrebserkrankungen sind durch Zigaretten bedingt. Dabei besteht eine Dosisabhängigkeit zwischen Zigarettenkonsum und Erkrankungswahrscheinlichkeit:

  • Das Risiko eines Rauchers, an einem Lungenkarzinom zu erkranken, ist bei Männern 22-fach, bei Frauen zwölffach erhöht im Vergleich zu Nichtrauchern.
  • Je früher im Leben mit dem Rauchen begonnen wird, desto höher ist das Erkrankungsrisiko (bis zu 30-fach erhöht).
  • Eine Verdopplung des sogenannten „pack years“ (Produkt aus der Anzahl der täglich gerauchten Zigarettenschachteln und der Raucherjahre) verdoppelt bis vervierfacht das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben.
  • Bei Aufgabe des Rauchens verringert sich das Erkrankungsrisiko, je länger das rauchfreie Intervall wird. Dabei wird das relativ niedrige Risiko eines Nichtrauchers allerdings nicht mehr erreicht. Auch Passivrauchen erhöht das Erkrankungsrisiko um den Faktor 1,5 bis 2.

Weitere Lungenkrebs-fördernde bzw. -auslösende Substanzen sind u. a. Asbest, Arsen, Nickelmetalle, Radon und sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Auch ein genetisches Risiko für Lungenkrebs ist in einigen Fällen vorhanden. So haben zum Beispiel Kinder, deren Eltern an Lungenkrebs erkrankt sind, ein im Vergleich zur Normalbevölkerung zwei- bis dreifach erhöhtes Erkrankungsrisiko.

Symptome bei einem Lungenkarzinom

Die Symptome bei einem Lungenkarzinom sind zu Beginn der Erkrankung häufig uncharakteristisch. Suchen Sie daher bei folgenden Krankheitszeichen immer ihren Arzt auf: mehr als drei Wochen bestehender Husten, schwer behandelbare Bronchitis, Atemnot, Schmerzen im Brustkorb, allgemeiner Kräfteverfall, ungewollter Gewichtsverlust und Bluthusten. Auf Grund des langen symptomlosen Verlaufs der Erkrankung befinden sich viele Patientinnen und Patienten zum Zeitpunkt der Diagnostik schon in einem fortgeschrittenen Tumorstadium. Nur ca. 20 bis 25 Prozent der Patientinnen und Patienten können einer Operation zugeführt werden.

Diagnose

Eine Röntgenuntersuchung von Brustkorb und Lunge in zwei Ebenen ist die Basisdiagnostik. Ein Normalbefund schließt aber nicht das Vorhandensein eines zentral gelegenen oder eines erst kleinen Lungenkarzinoms aus. Aus diesem Grunde sollte die Diagnostik auch bei unauffälligem Röntgenbild bei begründetem Verdacht immer durch eine Computertomographie (CT) sowie ggf. durch eine Bronchoskopie (Spiegelung der Bronchien) ergänzt werden. Zeigt die CT einen verdächtigen Befund, ist es wichtig, diesen über eine feingewebliche Untersuchung abzuklären. Das heißt, man muss Proben gewinnen, die der Pathologe nach Färbungen dann unter dem Mikroskop beurteilt. Nur auf diesem Wege kann die Tumorart bestimmt werden und somit die Auswahl der geeigneten Therapie erfolgen. Für die Probengewinnung stehen uns mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Welche Methode herangezogen wird, ist abhängig von der Lage des Tumors. Die zentral in den Bronchien wachsenden Tumoren erreichen wir am einfachsten über eine Spiegelung der Bronchien. Eine ergänzende Ultraschallsonde am Bronchoskop (endobronchialer Ultraschall) kann bei der Probengewinnung hilfreich sein. Die in den äußeren Lungenabschnitten wachsenden Herde sind über eine Spiegelung nicht mehr zugänglich. Hier kann manchmal unter zu Hilfenahme eines CT- oder Ultraschallgerätes durch die Brustwand die Probe entnommen werden. Häufig ist aber auch eine Operation erforderlich, um an den Herd zu gelangen. Je nach Lage des auffälligen Befundes erfolgt dies durch eine minimalinvasive Schlüssellochoperation (Thorakoskopie).

Therapie:

In Bezug auf die Therapie des Lungenkarzinoms unterscheidet man zwei Gruppen:

  • Nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (non small cell lung cancer = NSCLC)
  • Kleinzellige Lungenkarzinome (small cell lung cancer = SCLC). Diese Gruppe wird meist durch eine Kombination aus einer Chemotherapie und einer Bestrahlung behandelt.

Zu den nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen werden unterschiedliche Karzinomtypen (Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, großzelliges Karzinom) zusammengefasst, da sie sich in ihrem Wachstums- und Streuungsverhalten ähneln und somit auch ähnlich therapiert werden. Ist die Diagnose „Lungenkrebs“ gesichert, muss als nächster Schritt geklärt werden, welches Tumorstadium vorliegt, das heißt wie weit die Tumorerkrankung fortgeschritten ist (Größe des Tumors und Metastasierung). Der Tumor streut dabei zunächst meist über die Lymphbahnen in die Lymphknoten der Lungenwurzel oder des Raumes zwischen den Lungen (Mediastinum). Im weiteren Verlauf der Erkrankung breitet sich der Lungenkrebs auch über das Blut weiter aus und es kommt zu Fernmetastasen (Absiedlungen in anderen Organen).

Die Stadienbestimmung (auch „Staging“ genannt) erfolgt durch weitere bildgebende Verfahren (PET-CT und Kernspintomographie des Schädels). Bei begründetem Verdacht kann es erforderlich sein, nur zum Zwecke der Stadienbestimmung (Befall der Lymphknoten) eine Intervention oder Operation durchzuführen (z. B. Bronchoskopie mit ultraschallgesteuerter Lymphknotenpunktion, Mediastinoskopie, Thorakoskopie). Der Aufwand der Stadienbestimmung ist insofern von Bedeutung, als dass die empfohlene Therapie entscheidend vom Tumorstadium abhängt.

Ein frühes Tumorstadium kann optimal durch eine alleinige Operation behandelt werden. Ein Lungenkrebs, der bereits gestreut hat, kann hingegen durch eine alleinige Operation nicht mehr adäquat behandelt werden, da die Erkrankung dann bereits im Körper verteilt ist. Die Behandlung erfolgt in diesem Falle multimodal, das heißt in einer individuellen Kombination aus Chemotherapie bzw. Immuntherapie, Bestrahlung und ggf. Operation. Die optimale Therapie wird für jede Patientin und jeden Patienten vor Therapieeinleitung in einer interdisziplinären Konferenz aus Thoraxchirurgen, Onkologen, Pneumologen, Strahlentherapeuten, Pathologen, Nuklearmedizinern und Radiologen individuell festgelegt.

Chirurgische Therapie

Die chirurgische Therapie ist Mittel der Wahl beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, sofern die Untersuchungen keine Metastasen (Tumorabsiedelungen) zeigen, eine vollständige Entfernung des Tumors durch die Operation erreicht werden kann und die Patientin oder der Patient ausreichend gesund ist, um eine Operation zu überstehen. Manchmal kann aufgrund mangelnder Lungenreserven eine Operation nicht durchgeführt werden, da die meisten Lungenkrebspatientinnen und -patienten langjährige Raucher sind und deswegen teilweise erhebliche Schädigungen der Lungen und des Herz-Kreislaufsystems aufweisen. Lediglich 30 Prozent der vom nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom Betroffenen sind zur Zeit der Diagnosestellung operabel (technisch und funktionell).

Oft kann die Operation minimalinvasiv mittels Brustkorbspiegelung, der sogenannten VATS (Video Assistierte Thorakoskopie) oder auch mit dem Da-Vinci-Operationssystem (RATS, Roboterassistierte Thorakoskopische Chirurgie) durchgeführt werden. Vorteile der minimal-invasiven Operationstechniken sind weniger Schmerzen nach der Operation, eine bessere Wundheilung und eine schnellere Erholung. Eines der zentralen Ziele der Operation ist die vollständige Entfernung des Tumors, ohne Tumorreste zurückzulassen (R0-Resektion). Um dies sicher zu erreichen, kann es auch nötig sein, konventionell zu operieren, also den Brustkorb über einen größeren Schnitt zwischen den Rippen zu eröffnen (Thorakotomie). Welches operative Vorgehen im Einzelfall das am besten geeignete ist, muss individuell entschieden werden.

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie wird entweder primär bei umschriebenen inoperablen nicht- kleinzelligen Lungenkarzinomen ohne Fernmetastasierung oder als postoperative Bestrahlung bei Befall bestimmter Lymphknoten nach Operation eines nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms durchgeführt. Auch isolierte Knochen- oder Hirnmetastasen können gut mittels Strahlentherapie behandelt werden.

Systemtherapie (Chemotherapie/ Immuntherapie)

Die Systemtherapie wird häufig zusätzlich zur Operation eingesetzt, um die Möglichkeit einer vollständigen Heilung zu erhöhen. Daneben wird sie eingesetzt in der Behandlung des metastasierten oder inoperablen Lungenkarzinoms. Die Therapie wird in der Regel als Kombinationstherapie durchgeführt, in der mehrere Medikamente miteinander kombiniert werden, um die Wirksamkeit zu erhöhen, wohingegen die Nebenwirkungen begrenzt werden sollen. Eine ambulante Therapie ist in vielen Fällen möglich. Eine bessere Kontrolle des Tumors kann ggf. durch eine simultane, das heißt gleichzeitig stattfindende Radio- und Chemotherapie erreicht werden.

Vorsorgeuntersuchung?

In der Frühdiagnostik des Lungenkarzinoms haben sich in den letzten Jahren einige vielversprechende Neuentwicklungen ergeben. Eine davon ist die Niedrig-Dosis-Spiral-Computertomographie des Brustkorbes. Eine aktuelle Studie aus Amerika konnte zeigen, dass die Sterberate bei Lungenkrebs um 20 Prozent gesenkt werden konnte, wenn bei Risikopatientinnen und -patienten (langjährige Raucher) in einem regelmäßigen Abstand CT-Untersuchungen mit dieser Technik durchgeführt wurden. Die reduzierte Sterblichkeit ist darauf zurückzuführen, dass die Lungenkarzinome früher erkannt und somit in einem Stadium entdeckt werden, in dem sie noch operiert werden können. Da auch eine Niedrig-Dosis-Spiral-Computertomographie eine gewisse Strahlenbelastung bedeutet, gibt es derzeit keine Empfehlung, diese Art der Vorsorgeuntersuchung bei gesunden Nichtraucherinnen und -rauchern durchzuführen. Bei entsprechender Risikokonstellation wird es voraussichtlich ab 2025 eine Empfehlung zur Vorsorgeuntersuchung geben.

Tumornachsorge

Als Nachsorge wird die regelmäßige ärztliche Kontrolle nach Therapie eines Krebsleidens bezeichnet. Die Nachsorge vervollständigt nicht nur jede Krebsbehandlung, sondern ist ein ganz wichtiger Teil der gesamten onkologischen Versorgungskette mit dem übergreifenden Ziel, eine dauerhafte Betreuung und Begleitung zu sichern.

Ziele der Tumornachsorge

Die Tumornachsorge bei Patientinnen und Patienten mit einem Lungenkrebs zielt darauf ab, ein erneutes Auftreten des Tumors in der Lunge (Lokalrezidiv) oder in anderen Organen (Fernmetastasen) zu erkennen. Durch ein frühzeitiges Feststellen eines erneuten Auftretens eines Tumors wird eine frühzeitige Behandlung möglich, noch bevor Beschwerden auftreten.

In der Nachsorge ist es wichtig, die lungenfunktionelle Entwicklung der Patientin oder des Patienten zu beurteilen und ggf. die Betroffenen einer nötigen Behandlung zuzuführen. In der Nachsorge müssen dabei nicht nur körperlichen Symptome erfasst werden, sondern auch psychosoziale Probleme bzw. etwaige anfallende Fragen zur Berufs- und Arbeitsfähigkeit mit dem Patienten oder der Patientin diskutiert und Lösungsvorschläge angeboten werden. Dies geschieht in engem Bezug zur Hauärztin oder Hausarzt und der Lungenfachärztin oder dem Lungenfacharzt. Als übergreifendes Ziel ist die Nachsorge auch für die Qualitätssicherung erforderlich, um eine Verlaufsdokumentation zur Beurteilung der Therapie-Ergebnisse zu haben und ggf. langfristig die Therapieempfehlungen anpassen zu können.

Dauer der Tumornachsorge

Prinzipiell sind alle Patientinnen und Patienten mit einem Lungenkrebs für fünf Jahre der Nachsorge zuzuführen. Dabei schließt sich diese an die Behandlung durch Operation, Strahlen- oder Chemotherapie nahtlos an und sollte bereits nach der ersten Behandlung in der Klinik organisiert werden.

Nachsorgeuntersuchungen

Die Tumornachsorge umfasst eine klinische Untersuchung, die Bestimmung von speziellen Blutwerten und eine Bildgebung (CT). Abhängig von ursprünglicher Tumorart, Tumorausdehnung und erfolgter Therapiemaßnahme sind ggf. auch regelmäßige Bronchoskopien (Spiegelungen der Luftwege) sinnvoll.

Wer macht die Tumornachsorge?

Prinzipiell sollte die Nachsorge von einer Ärztin oder einem Arzt mit Erfahrung in der Behandlung und Nachsorge von Lungenkarzinomen durchgeführt werden. Dies können einerseits speziell weitergebildete Hausärztinnen und -ärzte, Lungenfachärztinnen und -ärzte, Fachärztinnen und -ärzte für Onkologie oder Thoraxchirurginnen und -chirurgen sein.