Morbus Bechterew und Spondyloarthritiden

Eine weitere häufige entzündlich-rheumatische Erkrankung ist der sogenannte Morbus Bechterew (oder ankylosierende Spondylitis), bei dem es sich um eine zur Versteifung führende Entzündung der Wirbelsäule und der Kreuzdarmbeingelenke im Bereich des Beckens handelt. Meist verläuft die Wirbelsäulenversteifung von unten nach oben, wobei sie auf jedem Niveau zum Stillstand kommen kann, sodass nur beim Vollbild der Erkrankung die charakteristische Wirbelsäulenverkrümmung erkennbar wird. Bei weniger ausgeprägten Formen, die man als Spondyloarthritiden bezeichnet, sieht man erst bei der Vornüberbeugung eine Steifigkeit der Lendenwirbelsäule. Bei aktiven Verläufen dieser entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen oder im „Krankheitsschub“ kann es auch zu einer Arthritis von peripheren Gelenken (Knie-, Hüft-, Hand-, Sprunggelenken und einzelnen Finger- oder Zehengelenken) kommen.

Die Beschwerden beim M. Bechterew sind recht typisch in Form von tiefsitzenden Rückenschmerzen, oft in das Gesäß ausstrahlend, welche meist erst in Ruhe, d.h. nach längerem Sitzen, Stehen oder Liegen, auftreten und so zum Beispiel auch häufig zu nächtlichem Erwachen führen. Auch hier wird insbesondere morgens eine Steifigkeit der Wirbelsäule von den Patientinnen und Patienten empfunden. Typisch ist auch, dass sich diese entzündlichen Rückenschmerzen bei Bewegung meist deutlich bessern. Im Gegensatz hierzu sind die Beschwerden beim Wirbelsäulenverschleiß eher bei Bewegung verstärkt und bessern sich in Ruhe.

Der Morbus Bechterew wird deutlich häufiger bei Männern als bei Frauen beobachtet (Verhältnis circa 8:1). Dies ist aber vor allem dadurch bedingt, dass bei Frauen diese Erkrankung sehr viel leichter verläuft und meist nur zu einer leichten Entzündung der Kreuzdarmbeingelenke oder der unteren Wirbelsäulenabschnitte führt, was – wenn überhaupt – nur eine geringe Versteifung der Wirbelsäule zur Folge hat und deshalb häufig gar nicht erkannt wird. Berücksichtigt man auch diese leichten Formen des Morbus Bechterew, beträgt das Verhältnis von Männern zu Frauen nur noch circa 4:1.

Oft familiäre Häufung

Über 90 Prozent der Patienten mit einer ankylosierenden Spondylitis weisen einen speziellen Erbfaktor im Blut (HLA-B27) auf, den circa zehn Prozent aller (also auch der gesunden) Europäer haben. Andererseits gibt es auch einen geringen Prozentsatz von Bechterew-Kranken, welche dieses Erbmerkmal nicht aufweisen. Durch die Assoziation mit dem HLA-B27, welches von den Eltern auf die Kinder (in meist 50 Prozent der Fälle) weitervererbt wird, ist auch verständlich, warum diese Erkrankung oft familiär gehäuft auftritt, wobei deren Ausprägungsgrad deutlich schwanken kann. Bei Patienten mit diesem Erbmerkmal kommt es auch zu sogenannten „reaktiven Arthritiden“. Dies sind Entzündungen einzelner peripherer Gelenke, welche durch eine überschießende Abwehrreaktion des Körpers auf eine Infektion mit Bakterien, z.B. bei Durchfallerkrankungen oder Blasenentzündungen, entstehen.

Typische Begleiterkrankungen des Morbus Bechterew sind bestimmte Augenentzündungen (die Regenbogenhautentzündung oder Iridocyclitis), Schuppenflechte (Psoriasis) oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).

Um der Wirbelsäulenversteifung beim Morbus Bechterew vorzubeugen, ist die möglichst frühzeitige und regelmäßige Durchführung krankengymnastischer Bewegungsübungen, die der Patient in Form eines Übungsprogrammes erlernt und dann selbstständig durchführen kann, äußerst wichtig, zumal hierdurch auf Dauer auch die Schmerzen günstig beeinflusst werden.

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