Das Gelenk ist eine bewegliche Verbindung zweier Knochen und besteht aus den benachbarten Knochenanteilen, der Gelenkfläche, die mit Knorpel überzogen ist, der Gelenkinnenhaut (Synovialis), welche die „Gelenkschmiere“ (Synovialflüssigkeit) bildet. Knorpel und Gelenkschmiere stellen ein Polster für die Verteilung der Gelenklast dar, insbesondere bei gewichtstragenden Gelenken. Sie sind für den buchstäblich „reibungslosen“ Ablauf der Bewegung notwendig. Umgeben wird das Gelenk von der Gelenkkapsel, die innen ebenfalls mit Gelenkinnenhaut überzogen ist und außen durch Bindegewebe, Sehnen und Bänder verstärkt wird.
Bei einer Entzündung des Gelenkes wird mehr Synovialflüssigkeit gebildet, wodurch das Gelenk anschwillt und meist auch Schmerzen verursacht („Arthralgie“). Bei länger andauernder Gelenkentzündung („Arthritis“) kommt es zu einer Verdickung der Gelenkinnenhaut, welche zu einer Zerstörung des Knorpels führen kann und schließlich den Knochen selbst angreift. Dies führt zu chronischen Gelenkschmerzen und auf Dauer zu einer Gelenkzerstörung.
Rheuma – was ist das überhaupt?
Der Begriff „Rheuma“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet Fluss, Strömung und rührt von der Vorstellung der Antike her, dass fehlerhaft zusammengesetzte Körperflüssigkeiten an bestimmten, wechselnden Orten des Körpers (Gelenke, Organe etc.) zu einem Flüssigkeitsstau und damit zu einer schmerzhaften Entzündung führen. Sowohl unter Laien, als auch unter Fachleuten ist der Begriff „Rheuma“ und „Rheumatismus“ nicht eindeutig definiert, im Gegensatz zum Begriff „rheumatische Erkrankungen“, der wiederum nicht mit „rheumatischen Beschwerden“ gleichgesetzt werden darf.
Jeder kennt das Wort „Rheuma“ und fast jeder meint zu wissen, was darunter zu verstehen ist. Dennoch ranken sich um diese „Volkskrankheit“ viele falsche Vorstellungen, die wir gern ausräumen möchten. Die Annahme, dass Rheuma eine Krankheit des alten Menschen sei, ist ebenso falsch wie der Volksglaube, Rheuma werde durch feuchte Nässe verursacht. Auch die Vorstellung, ein Entzündungsherd im Körper (z.B. vereiterte Zähne oder Mandeln als sogenannter „Fokus“) könne Rheuma verursachen, trifft nicht zu.
Bei vielen rheumatischen Erkrankungen richtet sich das Immunsystem fälschlicherweise gegen körpereigenes Gewebe – man spricht von einer Autoimmunreaktion. Dabei werden insbesondere Gelenke, Sehnen oder innere Organe angegriffen, was zu chronischen Entzündungen führt. Diese Fehlsteuerung des Immunsystems ist ein zentraler Auslöser für Erkrankungen wie z. B. die rheumatoide Arthritis oder der systemische Lupus erythematodes. Genetische Veranlagung und Umweltfaktoren wie Infektionen oder Rauchen können eine Rolle spielen.
Rheuma kann auch innere Organe befallen: Wenn man von „Rheuma“ spricht, denken viele vor allem an schmerzhafte und geschwollene Gelenke. Rheuma kann aber auch innere Organe befallen. So kommt es bei den so genannten Kollagenosen z.B. zur Verhärtung der Haut, zu Nierenentzündung, zur Narbenbildung in der Lunge oder auch zum Schlaganfall. Zum besseren Verständnis dieser Erkrankungen haben in den letzten Jahren die rasch zunehmenden Erkenntnisse auf dem Gebiet der Immunologie entscheidend beigetragen.
Muskuloskeletale Erkrankungen führen zu anhaltenden Schmerzuständen und eingeschränkter Bewegungsfunktion – betroffen sind rund 25% der erwachsenen europäischen Bevölkerung, davon etwa 17 Millionen Menschen in Deutschland. Bei circa 20 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die aus diesem Grund einen Arzt aufsuchen, sind Beschwerden aus dem rheumatischen Formenkreis zu diagnostizieren. Der Anteil an Erkrankungen des Bewegungsapparates als Ursache von Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten liegt bei circa 30 Prozent. Medikamente gegen rheumatische Beschwerden stellen seit Jahren die am häufigsten verordnete Medikamentengruppe in der Bundesrepublik Deutschland dar.
Rheumatische Erkrankungen sind, zusammen mit psychischen und Herz-/Lungenerkrankungen die häufigsten und volkswirtschaftlich auch kostenintensivsten Erkrankungen. Als chronische Erkrankungen stellen sie einen hohen Anteil aller, in der Bevölkerung anzutreffenden Krankheiten dar.
Einteilung rheumatischer Erkrankungen
1. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen (hier: Verlinkungen zu Krankheitsbildern bei den einzelnen Begriffen)
- Rheumatoide Arthritis
- Chronische Polyarthritis
- Spondyloarthritiden
- (entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen)
- Psoriasis-Arthritis
- Polymyalgia rheumatica
- Kollagenosen
- Systemischer Lupus erythematodes
- Sjögren-Syndrom
- Systemische Sklerose (Sklerodermie)
- Polymyositis / Dermatomyositis
- Mischkollagenose
- Vaskulitiden
2. Verschleißbedingte („degenerative“) Erkrankungen
- Fingerpolyarthrose
- Heberden-Arthrose (Fingerendgelenke)
- Bouchard-Arthrose (Fingermittelgelenke)
- Rhizarthrose (Daumensattelgelenk)
- Spondylarthrose (Verschleißbedingte Wirbelsäulenerkrankungen)
- Coxarthrose (Arthrose der Hüftgelenke)
- Gonarthrose (Arthrose der Kniegelenke)
- Osteoporose
3. Weichteil-rheumatische Syndrome
- Periarthropathien
- Tendomyopathien
- Myopathien
- Myogelosen
- Engpass-Syndrome
4. Pararheumatische Syndrome und Beschwerden bei sonstigen, nicht rheumatischen Erkrankungen
- Kristallarthropathien (z.B.„Gicht“)
- Arthropathien bei internistischen Erkrankungen
- Infektiöse Arthritis
- „Paraneoplastisches Rheumatoid“
Krankheiten der Gruppe 1 werden auch als „rheumatische Erkrankungen im engeren Sinne“ den Krankheitsbildern der Gruppen 2, 3 und 4 gegenübergestellt.
Warum zum Rheumatologen gehen?
Beschwerden am Bewegungsapparat sind vieldeutig. Sie reichen von harmlosen Befindlichkeitsstörungen bis zu schweren entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Jeder Patient, bzw. jede Patientin, mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung sollte zu Beginn der Erkrankung und dann in regelmäßigen Abständen durch einen internistischen Rheumatologen mitbetreut werden. Nur so ist eine optimale Versorgung sichergestellt. Eine frühe Diagnosestellung und Therapieeinleitung sowie die konsequente Therapieüberwachung und Krankheitskontrolle helfen, Schmerzen zu lindern, Krankheitsschübe und -schäden zu vermeiden und die Lebensqualität sowie die Teilhabe am Alltag zu erhalten.Die Realität sieht anders aus: Die Diagnose wird meist erst gestellt, wenn bereits wertvolle Zeit für die Beeinflussung des Krankheitsverlaufs verloren gegangen ist. Und auch die Qualität der Behandlung bleibt in vielen Fällen hinter dem medizinisch Möglichen zurück, weil nur zehn bis 20 Prozent der Betroffenen die fach-rheumatologische Betreuung überhaupt erreichen.